Dienstag, 9. Februar 2016

Sara - Toril Brekke

Von den Anfängen des Berufsstandes der Hebamme

Toril Brekke ist eine norwegische Autorin, die in ihren historischen Romanen Zeitgeschichte anschaulich widerspiegelt. Ihr Roman Sara ist aus dem Jahre 2003 und sollte unbedingt wieder aufgelegt werden. Das Buch erschien im Droemer Knaur Verlag

Sara Cold ist die die Tochter eines Vogts und soll mit einem viel älteren Witwer verheiratet werden. Doch aus Verzweiflung brennt sie mit Oskar, einem armen Fischer durch. Den hat sie kurz zuvor kennen und lieben gelernt. 
Sara heiratet, lebt mit ihrem Mann an der westnorwegischen Küste und bekommt drei Kinder. Als Fischerfamilie haben sie mit Armut und auch mit viel Arbeit zu kämpfen. Ihr Mann bleibt auf See, leider für immer.
Sara kennt die Schwierigkeiten der Geburt und die harten Schicksale gestorbener junger Mütter und interessiert sich für eine Ausbildung als Hebamme, die ihr die Stadtobersten bezahlen. Ihre Kinder bleiben bei Verwandten. Nach Beendigung der Ausbildung kehrt sie zurück und versucht, ihre Kinder wieder als Familie zu verbinden. Sie heiratet den Lehrer, doch das ist ein Fehler. Ihren Beruf muss sie aufgeben und nur noch wie damals üblich Frau und Mutter sein. Etliche Geburten machen ihr danach zu schaffen.
Der zweite Teil des Romans zeigt die Geschichte der ältesten Tochter unter dem Titel "Die Frauen vom Fjord".  


Dieser Roman führt in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Norwegen und zeigt die ärmlichen Bedingungen der Bevölkerung und auch die schlechte medizinische Situation der Zeit. Aber auch die unterwürfige Stellung der Frau der damaligen Zeit wird besonders hervor gestellt. 

Die Figur der Sara ist der Autorin meisterhaft gelungen. Sie ist die Heldin des Romanes und ihr einfühlsam geschildertes Schicksal begeistert mich ungemein. Man kann sich wunderbar hineinversetzen in Saras Rolle, die sie zu spielen hatte und ist tief betroffen, wie sehr Frauen nur als Muttertiere und Arbeitskräfte und ohne eigene Meinung angesehen wurden. Strenge Moralvorstellungen und männliche Doktrien waren die obersten Lebensrichtlinien, nach denen die Frauen zu funktionieren hatten. Ausbildungen von Frauen waren die Ausnahme und wurden nur so lange geduldet, bis eine Verheiratung die Frauen ihrer Selbständigkeit entriss. Was für ein schrecklicher Gedanke, wie hier mit Frauen umgesprungen wurde und wie es in manchen Kulturkreisen ja auch heute noch üblich ist.

Toril Brekke ist eine fantastische Erzählerin und überzeugt mit ihren lebensecht wirkenden Charakteren und einem wunderbaren Schreibstil.
Sie gibt den Lesern einen authentischen Einblick in das Leben dieser Zeit und zeigt die menschlichen Nöte und Sorgen sowie rückständige Moralvorstellungen. Mit emotional wirkender Schilderung wird man in dieses Zeit zurück versetzt und erlebt die Angst und Verzweiflung fast selbst mit. Das einfache harte Leben als arme Fischersfamilie schildert Brekke sehr deutlich, doch dort spürt man Harmonie und Hoffnung, während das reiche Zuhause Saras mit ihrem Lehrer eher Unterdrückung und eine leidende Seele offenbahrt.


Ein wunderbarer Roman, der in die Ursprünge der weiblichen Emanzipation eintaucht und einzigartig zu lesen ist. Unbedingt wieder neu auflegen, bitte!  
 



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